Wolbergs Verteidiger fordert Freispruch

Der Verteidiger des angeklagten Regensburger Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs will für seinen Mandanten einen Freispruch fordern. Das kündigte Anwalt Peter Witting am Montag vor dem Landgericht Regensburg an. Zum Auftakt seines Plädoyers handelte er über fünf Stunden hinweg mehrere Anklagepunkte ab, darunter die Vergabe des Bauprojektes Nibelungenkaserne, Renovierungen an Wolbergs‘ Ferienhaus sowie Rabatte bei Wohnungskäufen an Angehörige. Am Donnerstag will er seinen Schlussvortrag abschließen, unter anderem mit dem Anklagepunkt der Parteispenden.

Wolbergs muss sich seit vergangenem Herbst vor dem Landgericht Regensburg wegen Vorteilsannahme und Verstoßes gegen das Parteiengesetz verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm zudem Bestechlichkeit vorgeworfen und viereinhalb Jahre Haft gefordert. Der frühere SPD-Politiker hat die Vorwürfe stets bestritten.

Witting kritisierte die Ermittlungsarbeit der Anklagebehörde sowie deren Plädoyer scharf. Er warf der Staatsanwaltschaft vor, sie wolle ihre vorgefertigte Meinung bestätigt sehen, habe Ergebnisse der Beweisaufnahme nicht berücksichtigt und etwa Wolbergs entlastende Zeugenaussagen nicht einmal erwähnt. „Ich frage mich manchmal, wofür haben wir eigentlich 50 Tage verhandelt?“, sagte Witting. Mit Blick auf das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß sowie mögliche weitere Prozesse gegen Wolbergs sagte Witting ironisch: „Am Ende müssten Sie noch Sicherungsverwahrung beantragen.“

Die Auswertung der Telekommunikationsüberwachung habe ergeben, dass sich Wolbergs an keiner Stelle mit seinen Gesprächspartnern über unrechtmäßige Absprachen ausgetauscht habe. In einem geschütztem Raum – wie bei einem Telefongespräch zwischen zwei Personen – würde er das sonst wohl getan haben. Zum Vorwurf, Wolbergs und seinen Mitangeklagten fehle jegliches Unrechtsbewusstsein, sagte Witting: Wo es kein Unrecht gebe, könne es kein Unrechtsbewusstsein geben.

Der Strafverteidiger beschrieb Wolbergs als einen Menschen, der sich für seine Stadt eingesetzt habe – und bezog sich dabei auch auf die Aussagen zahlreicher Zeugen, nach denen der frühere SPD-Politiker sozial eingestellt und nicht auf seinen eigenen Vorteil bedacht sei.

Beispielsweise Details zur Wohnung seiner Mutter oder zu Abrechnungen bei Renovierungsarbeiten seien Wolbergs schlichtweg „wurscht“ gewesen, sagte Witting und bezeichnete das als „menschlich“. Er erinnerte an die Aussage von Wolbergs‘ Ehefrau, nach der sie in der Familie für die Finanzen zuständig gewesen sei. Zum Prozessauftakt hatte Wolbergs eingeräumt, es sei ein Fehler gewesen, dass er sich mit derlei Fragen nicht besser befasst habe.

In dem Verfahren geht es unter anderem um einen möglichen Zusammenhang zwischen der Vergabe eines millionenschweren Bauprojektes der Stadt an den Bauunternehmer Volker Tretzel und dessen Spenden an die SPD im Kommunalwahlkampf 2014 sowie an den Sportverein Jahn Regensburg. Zudem soll Wolbergs nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft Rabatte beim Kauf von Wohnungen für Angehörige sowie bei Renovierungsarbeiten erhalten haben.

Ebenfalls auf der Anklagebank sitzt der Bauunternehmer Volker Tretzel. Ihm werden Vorteilsgewährung und Beihilfe zum Verstoß gegen das Parteiengesetz vorgeworfen. Zudem angeklagt sind der ehemalige Tretzel-Mitarbeiter Franz W., dem Beihilfe zum Verstoß gegen das Parteiengesetz zur Last gelegt wird, sowie der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Norbert Hartl, der sich wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme verantworten muss.

Der Prozess soll am Donnerstag fortgesetzt werden, das Urteil wird Anfang Juli erwartet. (dpa)

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