Vier Angeklagte, mehrere Dutzend Zeugen und fast 100 Verhandlungstage: In Regensburg beginnt heute der Mammutprozess um die Parteispendenaffäre. Im Mittelpunkt steht der suspendierte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD). Der 47-Jährige muss sich vor dem Landgericht Regensburg wegen Vorteilsannahme und Verstoß gegen das Parteiengesetz verantworten. Für den Anklagevorwurf der Bestechlichkeit hatte die Wirtschaftsstrafkammer des Gerichts aber keinen hinreichenden Verdacht gesehen und diesen nicht zugelassen.
In dem Verfahren geht es um Parteispenden im Wahlkampf, um Zuschüsse für den Fußballclub SSV Jahn Regensburg sowie um vergünstigte Immobiliengeschäfte. Mit dem suspendierten OB sind der ehemalige Fraktionsvorsitzende der SPD im Regensburger Stadtrat, Norbert Hartl, sowie der Bauunternehmer Volker Tretzel und ein früherer Mitarbeiter Tretzels, Franz W., angeklagt. Hartl muss sich wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme verantworten, Tretzel werden Vorteilsgewährung und Beihilfe zum Verstoß gegen das Parteiengesetz vorgeworfen, W. ebenfalls Beihilfe zum Verstoß gegen das Parteiengesetz.
Bei dem Verstoß gegen das Parteiengesetz geht es um eine Spende von Tretzel an den SPD-Ortsverein Regensburg-Stadtsüden, dem er zwischen September 2011 und März 2016 rund 475 000 Euro zukommen ließ. Um die Herkunft des Geldes zu verschleiern und die Veröffentlichungsgrenze von 10 000 Euro nach dem Parteiengesetz zu unterschreiten, sei das Geld in 48 Einzelbeträgen zu je 9900 Euro über Strohmänner an die Partei geflossen. Die Vorteilsgewährung bzw. -annahme bezieht sich auf Vergünstigungen bei Wohnungskäufen und Renovierungen.
Wolbergs war im Januar 2017 verhaftet worden und kam zunächst in Untersuchungshaft. Das Landgericht Regensburg setzte den Haftbefehl Ende Februar 2017 außer Vollzug, verhängte gegen Wolbergs jedoch mehrere Kontaktverbote.
Im März hatte Wolbergs zum Wegfall des Vorwurfs der Bestechlichkeit gesagt: „Das bedeutet mir sehr viel.“ Er habe immer darum gekämpft, rehabilitiert zu werden – und Bestechlichkeit sei der schlimmste Vorwurf gewesen. Die Hauptverhandlung gebe ihm die Gelegenheit, ausführlich und öffentlich „meine Version der Dinge – die nicht richtig sein muss, aber das ist meine Version der Dinge, meine Wahrheit – darzustellen“. Das sei er den Regensburgern schuldig.
Der Prozess wird nach Gerichtsangaben voraussichtlich bis Ende April 2019 dauern. Es sind mehrere Dutzend Zeugen geladen, darunter Alt-Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU).