Regensburg: Gericht läst Prozess gegen supendierten OB Wolbergs zu

Landgericht Regensburg lässt Anklage geändert zu und hebt Haftbefehle auf

Originaltext des Landgerichts Regensburg:

Mit rechtlichen Änderungen hat die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Regensburg die Anklage der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 26. Juli 2017 gegen den suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs, den Bauunternehmer Volker Tretzel, dessen früheren Mitarbeiter Franz W. und den Stadtrat Norbert Hartl zur Hauptverhandlung zugelassen. In ihrem ausführlich begründeten Beschluss vom 1. März 2018 gelangte die Kammer aufgrund einer vorläufigen Tatbewertung nach dem gesamten Akteninhalt zu der Einschätzung, dass ein für die Eröffnung des Hauptverfahrens hinreichender Verdacht lediglich im Hinblick auf die Straftatbestände der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung und des Verstoßes gegen das Parteiengesetz vorliegt. Die Anklagevorwürfe der Bestechlichkeit bzw. Bestechung so-wie der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen erachtete die Kam-mer dagegen als zumindest derzeit nicht haltbar. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wur-den die bereits außer Vollzug gesetzten Haftbefehle aufgehoben.

Maßgeblich für die Abstandnahme der Kammer von dem in ihren Außervollzugsetzungsbe-schlüssen vom 28. Februar 2017 (Joachim Wolbergs), 10. März 2017 (Franz W.) und 13. März 2017 (Volker Tretzel) zunächst bestätigten dringenden Verdacht der Bestechlichkeit bzw. Bestechung war eine Neubewertung der Sach- und Rechtslage anhand des nach den Haftentscheidungen noch einmal erheblich gewachsenen Aktenumfangs. Dabei fanden auch die von Verteidigung und Staatsanwaltschaft während des Zwischenverfahrens intensiv aus-getauschten Argumente Berücksichtigung. Bezüglich der in den Haftbefehlen nicht enthalte-nen Anschuldigung wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen sah die Kammer den Anwendungsbereich der Strafnorm als nicht eröffnet an. Da die verbleibenden Delikte wesentlich niedrigere Strafrahmen aufweisen als die angeklagte Bestechlichkeit bzw. Bestechung und nach den Außervollzugsetzungen keine Auflagenverstöße zu verzeichnen waren, kam eine Aufrechterhaltung der Haftbefehle nach Auffassung der Kammer nicht mehr in Betracht.

Die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen hinreichenden Verdachts der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung und des Verstoßes gegen das Parteiengesetz stellt keine endgültige Beurteilung und erst recht keine Verurteilung dar. Sie bedeutet nur, dass der Kammer die Überprüfung dieser Vorwürfe in einer Hauptverhandlung geboten erscheint. Eine Hauptverhandlung bietet weitergehende Aufklärungsmöglichkeiten als die im Zwischenverfahren vorgenommene
Auswertung der Aktenlage, weil das Gericht in der Hauptverhandlung alle relevanten Beweise unmittelbar, unter Mitwirkung der übrigen Verfahrensbeteiligten erhebt. Ein eventuelles Urteil darf ausschließlich auf das Ergebnis der Hauptverhandlung gestützt werden. An seine Bewertung im Eröffnungsbeschluss ist das Gericht deshalb nicht gebunden.
Jede hiervon abweichende Verurteilung setzt jedoch einen vorherigen Hinweis auf das in Frage kommende Delikt und die Einräumung der Gelegenheit zur Verteidigung voraus. Bis zum