Papst trennt sich von Kardinal Müller

Der Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre ist einer der mächtigsten Männer im Vatikan. Der ehemalige Regensburger Bischof und jetzige Kardinal Müller gilt als Hardliner. Nach fünf Jahren muss er nun gehen.

Kurz nach der Beurlaubung seines Finanzchefs George Pell trennt sich Papst Franziskus vom deutschen Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Die Amtszeit des 69-Jährigen als Chef der mächtigen Glaubenskongregation werde nicht verlängert, gab der Vatikan am Samstag bekannt. Zuvor hatten unter anderem die Zeitungen „La Stampa“
und „Il Messaggero“ unter Berufung auf der katholischen Kirche nahestehende Nachrichtenseiten darüber berichtet. Nachfolger Müllers wird nach Vatikan-Angaben der bisherige Sekretär der Kongregation, der spanische Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer. Er ist wie Papst Franziskus Jesuit.

Es war bekannt, dass Franziskus und Müller nicht immer auf gleicher Linie lagen. Müller gehörte der Glaubenskongregation seit 2007 an. Am 2. Juli 2012 wurde er von Papst Benedikt XVI., Franziskus‘ Vorgänger,
an deren Spitze berufen. Vor der Berufung an den Heiligen Stuhl warMüller zehn Jahre lang Bischof von Regensburg. Den Informationen zufolge traf der Papst den deutschen Kardinal bereits am Freitag, um ihm die Entscheidung mitzuteilen. Die fünfjährige Amtszeit Müllers geht an diesem Sonntag zu Ende. (dpa)

Müller gilt als konservativer Hardliner, der grundlegende Reformen in der katholischen Kirche ablehnt. Der 69-Jährige gilt etwa als führender Kritiker des Schreibens über Familie und Liebe, „Amoris Laetitia“, von Papst Franziskus. Darin hatte der Pontifex 2016 angeregt, dass es geschiedenen und wiederverheirateten Menschen unter
gewissen Umständen erlaubt sein solle, an der Kommunion teilzunehmen.

Der Theologe Wolfgang Beinert sagte, das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Müller sei von Anfang an nie sehr innig gewesen. „Das sind von der Chemie her zwei verschiedene Leute, die von Natur aus nicht zusammenpassen.“ Eine Ablösung Müllers als Chef der Glaubenskongregation im Vatikan sei eine „Strafe“. „Das ist eine Entlassung ins Nichts“, sagte der ehemalige Hochschulprofessor am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in München. „Wo wollen Sie so
einen Mann hintun?“ Es gebe keine adäquate Lösung. Zumal Müller mit 69 Jahren für einen Kardinal recht jung und arbeitsfähig sei.

Für die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ bedeutet ein Wechsel in der Glaubenskongregation „die wertvolle Möglichkeit einer Neuorientierung“. „Kardinal Müller hat sich immer wieder durch seine Belehrungen und Interpretationen des Papstamtes, zuletzt in seinem Buch „Der Papst“, zum Lehrmeister über den Papst erhoben“, hieß es in einer in München verbreiteten Mitteilung. Doch auch die theologischen Auffassungen seien zu unterschiedlich gewesen. Als wichtigen Aufgabenbereich, für den der Glaubenspräfekt zuständig ist, nannte die Bewegung die Verfolgung sexueller Gewalt durch Priester.

Im März hatte eines der Missbrauchsopfer katholischer Geistlicher, Marie Collins, Müllers Kongregation beschuldigt, sich der Arbeit der päpstlichen Kommission zum Schutz von Kindern zu widersetzen. Dieses „beschämende“ Verhalten sei der Grund, warum sie die Kommission verlassen habe, sagte die Irin damals dem Jesuiten-Magazin „America“.
Müller hatte Ende Februar den Vorwurf systematischer Vertuschung von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche zurückgewiesen.

Dem Vatikan und der katholischen Kirche wird immer noch vorgeworfen, nicht hart genug gegen Kindesmissbrauch vorzugehen und teils pädophile Geistliche zu decken. Zur Amtszeit von Papst Franziskus‘ Vorgänger Benedikt XVI. war herausgekommen, dass katholische Geistliche weltweit über Jahrzehnte unzählige Kinder missbraucht oder misshandelt hatten und die Fälle unter den Teppich gekehrt wurden.

Erst am Donnerstag hatte der australische Kardinal Pell nach Kindesmissbrauchs-Vorwürfen sein Amt vorübergehend niedergelegt und sich beurlauben lassen. Er wolle in seiner Heimat seine Unschuld beweisen, hatte der 76-Jährige gesagt.