Ein Opfer der Messerattacke in einem ICE von Passau nach Nürnberg von vor einem Jahr hat nach eigener Einschätzung nur mit Glück überlebt. «Ich bin überzeugt, dass mich der Angreifer an diesem Tag umbringen wollte», sagte der Zeuge am Freitag vor dem Oberlandesgericht München im Prozess gegen den mutmaßlichen Täter. Dieser soll dem 27-Jährigen unvermittelt mit einem Messer acht Stiche in den Kopf-, Hals- und Brustbereich versetzt haben, bevor er noch drei weitere Menschen angriff und zwei davon schwer verletzte.
Dieses Erlebnis sei «etwas, das man nie wieder vergisst. Diese Erfahrung kann man nicht ablegen – das ist jetzt ein Teil von mir», sagte der Zeuge, der sich mit Tritten gegen die Attacke wehrte. Ein Großteil seiner schweren körperlichen Verletzungen sei heute verheilt, doch psychisch belaste ihn der Vorfall noch immer. Er verlasse an manchen Tagen ungern das Haus, fahre seit dem Vorfall nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sehe in anderen Menschen eine Gefahr: «Man weiß nicht, ob der Nächste nicht auch ein Messer in der Tasche hat.»
Der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter Abdalrahman A. hatte vor rund zwei Wochen begonnen. Die Anklage wirft ihm nach der blutigen Attacke vom 6. November 2021 unter anderem versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Das Oberlandesgericht hatte zu Prozessbeginn zunächst 24 Verhandlungstage bis zum 23. Dezember 2022 angesetzt. Dabei spielen auch ein etwaiger islamistischer Hintergrund und eine mögliche psychische Erkrankung des Mannes eine Rolle.