20 Jahre Leukämiehilfe Ostbayern e.V. – eine Bilanz

Vor 20 Jahren, genauer gesagt am 24. Mai 2000, fand die konstituierende Sitzung der Leukämiehilfe Ostbayern e.V. statt. Eigentlich war zum Jubiläum ein kleiner Festakt geplant, der aufgrund der aktuellen Entwicklungen von der Vorstandschaft auf Frühjahr 2021 verlegt wurde. Eine Person hat die Vereinsgeschichte nach innen und außen besonders geprägt: Gründungsvorstand und bis heute im Amt des ersten Vorsitzenden – Prof. Dr. Reinhard Andreesen. Hier Auszüge aus einem aktuellen Interview mit Prof. Andreesen:

Sie haben vor 20 Jahren mit einer Handvoll Mitstreiterinnen und Mitstreitern den Verein Leukämiehilfe Ostbayern e.V. gegründet. Was hat sie damals zu diesem Schritt motiviert?

Prof. Dr. Reinhard Andreesen: Ich glaube, es war vor allem eine große Hochachtung vor der Kraft und dem Mut, mit denen unsere Patienten ihre Erkrankung annehmen – und dem Empfinden, dass diese Menschen mehr verdient haben, als „nur“ die beste medizinische Versorgung.

Welche Inhalte haben den Verein über die Jahre geprägt bzw. getragen?

Prof. Dr. Reinhard Andreesen: Alle unsere Projekte und Initiativen hatten das eine Ziel, den schweren Rucksack, den das Schicksal den Patientinnen und Patienten auferlegt hat, ein kleines Stück leichter zu machen. Wir haben u.a. die psychologische Begleitung der Patienten und ihrer Angehörigen eingeführt, Brückendienste eingerichtet, die zum Beispiel die frühe Entlassung nach Hause möglich machten, wie auch die ambulante palliativmedizinische Betreuung.

Für den Verein sammeln Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen unermüdlich Spenden. Gibt es eine Spende oder Unterstützung, an die Sie sich besonders gerne erinnern?

Prof. Dr. Reinhard Andreesen: Da ist es schwierig auszuwählen. Es hat zu viele besondere Momente in diesen 20 Jahren gegeben. Zum Beispiel sind es die so anrührenden Leukämie- Gala-Veranstaltungen im Audimax, die mich noch heute bewegen, 2017 das Benefiz-Konzert im Dom mit den Regensburger Domspatzen und Domorganist Franz Stoiber und natürlich immer wieder der Moment, wenn sich beim Regenburger Leukämielauf mit dem Startschuss Tausende in Bewegung setzen.  2008 war es, als mich dort jemand vorsichtig an der Jacke zupfte: die kleine achtjährige Sophie Brücklmeier aus Haselwies mit einer münzenschweren, selbstgebastelten und buntbemalten Pappkiste. Seitdem kommt die inzwischen erwachsene Sophie jedes Jahr, immer mit einer neu entworfenen gut gefüllten Spendenbox und voller Ideen für Aktionen.

Kleine Privatspenden, Firmenspenden und Zuschüsse großer Organisationen. Sie freuen sich bekanntlich über jede Zuwendung. Fühlen Sie sich eher als Bittsteller oder als „Robin Hood“ im Sinne der Betroffenen?

Prof. Dr. Reinhard Andreesen: Nein, als Bittsteller habe ich mich nie gefühlt, eher als Botschafter für die Betroffenen, der aufzeigt, wie nötig und zugleich segensreich diese Spenden sind. Und für ganz viele Spenden mussten wir nicht bitten oder werben, die kamen immer wieder spontan.

Wissen Sie, wie viel der Verein in 20 Jahren an Spenden erwirkt hat?

Prof. Dr. Reinhard Andreesen: Es sind mehr als fünf Millionen Euro. Dazu kommen zwei Millionen Euro, die wir von öffentlichen Stiftungen für unsere Projekte einwerben konnten.

Was konnte mit den Spendengeldern alles realisiert werden?

Prof. Dr. Reinhard Andreesen: Es ging und geht ganz grundsätzlich immer darum, Patienten beizustehen, ihnen den Weg ein wenig leichter zu machen: So haben wir beispielsweise die psychoonkologische und ambulante palliativmedizinische Versorgung nicht nur in Regensburg, sondern auch an den Kliniken in Straubing, Passau, Deggendorf und Amberg gefördert, einen Patientenlotsen finanziert und begleitende Therapieangebote ermöglicht wie Mal- und Musiktherapie, Sportgruppen (Fit-for-cure) und Yoga. Die so genannte Brückenpflege als Modellprojekt begleitet Patienten aus der stationären in die häusliche Betreuung. Das Patientenhaus am Universitätsklinikum Regensburg bietet Angehörigen und ambulanten Patienten einen Ort der Geborgenheit und schenkt Zeit, um seinen Lieben auf der Krankenstation so viel wie möglich nahe zu sein.

Was war für Sie der beeindruckendste, was der tiefgreifendste Augenblick in der Vereinsgeschichte?

Prof. Dr. Reinhard Andreesen: Die Vielfältigkeit der vielen Initiativen und Aktionen, die uns unterstützt haben, die berührenden Schicksale und Motivationen, aus denen heraus solche Aktionen gestartet worden sind, sind es die mich immer wieder beeindrucken und berühren.

Natürlich gibt es da die erste Leukämie-Gala 2012, als auf der Bühne zum ersten Mal Patienten dem vollbesetzten Audimax von ihrem Schicksal erzählt haben, als sich ein anonymer Knochenmarksspender und der Patient, dem er sein Knochenmark gespendet hat, begegnet sind und – wie schon gesagt – immer wieder der Regensburger Leukämielauf, bei dem es mir das Herz aufgehen lässt, wenn sich die tausendköpfige Menge der Läufer in Bewegung setzt.

Das größte Projekt war sicherlich der Bau des Patientenhauses. Woraus erwuchs diese Idee mit bundesweitem Modellcharakter?

Prof. Dr. Reinhard Andreesen: Es war die in unserem Medizineralltag  immer wieder erlebte Not, die Erkenntnis wie wichtig und gleichzeitig oft unmöglich Nähe und Beistand für die Bewältigung einer Krebserkrankung sind. Wir wollten einen Ort schaffen, der diese Nähe möglich macht, der Zeit dafür schenkt.

(Quelle: Pressemitteilung Hans-Christian Wagner)

© Prof. Reinhard Andreesen, Quelle: Hans-Christian Wagner