Fischzug in Schmidmühlen am Aschermittwoch

Die Kirchenuhr schlägt eins und das ist der Auftakt für den ältesten Heischebrauch in der Region, dem Fischzug durch Schmidmühlen. Die Teilnehmer – nur Männer – tragen schwarzen Frack mit Zylinder. Als Zeichen der Zugehörigkeit wird ein Fisch mit Kreide auf den Rücken gemalt. Vor dem Weggang instruiert der Zermonienmeister seine Gefolgschaft über die strengen Regeln des Fischzuges: Während des Marsches, bei dem insgesamt zehn Gaststätten angesteuert würden, gebe es keinen Rauch, keine Reden, keinen Lacher, keine Gaudi, nicht ein Sterbenswort. In den Kneipen, ja, da dürfe man sich unterhalten, jedoch seien Schnäpse, Pfeifen, fröhliche Lieder und Witze bei einem „Fünfer“ verboten.
Dann wird es für die Teilnehmer ernst und der Zug nimmt Aufstellung auf der Straße. Vorn, mit todernstem Gesicht gehen die Laternenträger, danach folgt der Faschingsprinz, der Zermonienmeister sowie die Brot- und Fischverkäufer, dahinter dann im Gänsemarsch die anderen Zugteilnehmer. Die roten Laterne markiert das Schlusslicht des über 50 Mann langen Zug. So marschieren sie los, in eleganten Kurven, die von allen eingehalten werden müssen, immer auf der linken Straßenseite, schön in Reih` und Glied.

Ein Wirtshaus nach dem anderen wird angesteuert und mindestens 15 Mass Freibier kommen weg.  Die Redseligkeit der Teilnehmer der Trauergarde steigt und steigt. Darum wird jeder Verstoß gegen die Regeln mit einer Geldstrafe von 5,00 Euro geahndet, bei schwerem Wiederholungsfall droht sogar der Ausschluss. Der Zug vertilgt kiloweise Heringe mit Brot zu einem Stückpreis von 50 Cent, um so eine saugfähige Unterlage für die vielen Mass`n aufzubauen.
Gegen 22 Uhr hat der Fischzug alle Wirtschaften abgeklappert und die Härtesten der Harten sammeln sich bitterlich weinend an der Stelle, wo das Kirwabaumloch ist, um die Prozedur des „Geldbeuteleingrabens“ mitzuerleben. Das „Schneiztüchl“ zum Wegwischen der Krokodilstränen ist dabei das wichtigste Utensil, wenn der Geldbeutel, wohl präpariert auf einer umfunktionierten Misttrage, zum Eingraben vorbereitet wird. Dazu verkündet der Zermonienmeister seinen heulenden „Schnapsbrüdern“ die Geldbeutel-Litanei.

Sein besonderes Anliegen ist die Befreiung von sämtlichen Steuern, wobei die illustre Gemeinschaft jedesmal in lautes Wehklagen ausbricht.
Sobald der Aschermittwoch aber nur eine Minute vorbei ist, lädt dampfender Leberkäs alle Zugteilnehmer zu einem stärkenden Geldbeutelschmaus und anschließendem gemütlichem Beisammensein ein.Der traditionelle Schmidmühlener Fischzug hat einen derart großen Anklang gefunden, dass er inzwischen von vielen anderen Gemeinden ebenfalls durchgeführt wird.

 

© Peter Braun