Angesichts der verschärften Corona-Lage in Deutschland wird die Homeoffice-Pflicht für Arbeitnehmer voraussichtlich wieder eingeführt. Das Bundesarbeitsministerium legte einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Experten der angestrebten Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP berieten am Wochenende über das Vorhaben. Die Homeoffice-Pflicht hat zum Ziel, dass möglichst viele Menschen zu Hause arbeiten und so Kontakte vermeiden. Sie soll die bereits geplante 3G-Regel am Arbeitsplatz ergänzen, nach der nur noch Geimpfte, Genesene und Getestete (3G) zur Arbeit gehen dürfen. In den Ampel-Fraktionen zeichnete sich eine Verständigung ab.
In dem Entwurfstext des Ministeriums für ein geändertes Infektionsschutzgesetz mit Stand am Freitagabend heißt es: „Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen.“ Der Entwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Zuvor hatten die „Bild am Sonntag“ und das „Handelsblatt“ darüber berichtet.
Wenn der Bundestag an diesem Donnerstag und der Bundesrat am Freitag zustimmen, kehrt Deutschland wieder zu einer Vorschrift zurück, die schon bis zum 30. Juni galt. Damals war die Homeoffice-Pflicht in der sogenannten Bundes-Notbremse verankert. Sie wurde aufgehoben, weil sich die Situation im Sommer verbesserte. Nun scheint den Verantwortlichen diese Maßnahme wieder angebracht. Derzeit gilt nach der Corona-Arbeitsschutzverordnung, dass Unternehmen zwei Tests pro Woche anbieten und Hygienepläne erstellen müssen.
Aus der Begründung zum aktuellen Gesetzentwurf geht hervor, dass der Arbeitgeber bei Bürotätigkeiten Homeoffice nur dann ablehnen kann, wenn dem „zwingende betriebliche Gründe entgegenstehen“. Solche Gründe „können vorliegen, wenn die Betriebsabläufe sonst erheblich eingeschränkt würden oder gar nicht aufrechterhalten werden könnten“, heißt es. Eine fehlende Technik-Ausstattung etwa mit Computern gelte nur vorübergehend als Verhinderungsgrund. Beschäftigte wiederum können dem Entwurf zufolge beispielsweise bei „räumlicher Enge, Störungen durch Dritte oder unzureichender Ausstattung“ die Arbeit im Homeoffice ablehnen.
In den Ampel-Fraktionen wurde am Sonntag über die Details zu 3G am Arbeitsplatz und der Homeoffice-Pflicht intensiv beraten. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Katja Mast, teilte auf Anfrage mit: „Die erneute geplante Homeoffice-Pflicht ist richtig. Vermehrtes Homeoffice und 3G am Arbeitsplatz helfen, die vierte Welle zu brechen – auch um diejenigen zu schützen, die nicht zu Hause arbeiten können.“
Ein Sprecher der Grünen-Fraktion sagte, es sei zutreffend, dass die Ampel-Partner die Homeoffice-Pflicht wieder einführen wollten. Zuvor hatte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck 3G am Arbeitsplatz und eine wieder stärkere Nutzung von Homeoffice als dringend geboten bezeichnet.
Aus der FDP-Fraktion hieß es, man sei „für gute Vorschläge offen“. Die Freien Demokraten ließen durchblicken, angesichts der dramatischen Corona-Lage sei es „eher wahrscheinlich“, dass sowohl 3G am Arbeitsplatz als auch die Homeoffice-Pflicht für Büroarbeiten eingeführt werde.
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sagte, es sei „richtig, dass Arbeitgeber erneut verpflichtet sind, wo immer möglich Homeoffice anzubieten“. „Auch dass Beschäftigte dieses Angebot grundsätzlich ernstnehmen müssen, ist in der jetzigen Situation richtig und wichtig.“ Niemand dürfe jedoch gezwungen werden, im Homeoffice zu arbeiten: „Dass das Arbeiten von zu Hause aus nicht möglich ist, muss als Zuruf ausreichen.“ Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke bezeichnete 3G am Arbeitsplatz als „angemessen und notwendig“. „Wenn die Beschäftigten keinen Impfnachweis vorlegen müssen, bleiben ihre Persönlichkeitsrechte gewahrt“, sagte er der dpa.
Dagegen plädierte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) für eine Auskunftspflicht über den jeweiligen Corona-Status der Beschäftigten. „In vielen Branchen müssen Kunden diesen schließlich ohnehin bereits angeben – etwa um eine Gaststätte zu betreten oder eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der dpa.