Abermals Sorge vor Überlastung von Krankenhäusern wegen Corona

Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen wächst abermals die Sorge vor einer Überlastung der Krankenhäuser. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht eine „kritische Situation der Pandemie“. Nach Einschätzung des Weltärztebundes arbeiten das Pflegepersonal der Intensivstationen und die Ärzte längst am Anschlag. Kinderärzte hoffen, dass bald auch Covid-19-Impfungen für unter Zwölfjährige in Deutschland möglich sind. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte am Mittwoch angekündigt, möglichst noch vor Weihnachten zu entscheiden, ob sie eine Empfehlung für Corona-Impfungen für Kinder zwischen fünf und elf Jahren ausspricht.

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstag), wer sich jetzt nicht impfen lasse, obwohl er es machen könnte, riskiere sein Leben und das seiner Mitmenschen. „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende versuchen, um die Impfraten zu erhöhen“, mahnte er. „Bei hoher Durchimpfung der Bevölkerung gibt es sehr viel mehr milde Verläufe – die müssen nicht ins Krankenhaus, aber viele Ungeimpfte erkranken nach wie vor schwer.“ Viele Pflegekräfte und Ärzte hätten die Arbeit im Intensivbereich aufgegeben – auch, weil sie es leid seien, sich für die Unvernunft von Impfgegnern abzurackern.

Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag): „Wir befinden uns in einer kritischen Situation der Pandemie.“ Die Zahl der mit einer Covid-Infektion im Krankenhaus versorgten Patienten sei binnen einer Woche deutlich gestiegen. „Wenn diese Entwicklung anhält, haben wir schon in zwei Wochen wieder 3000 Patienten auf Intensivstation“, warnte Gaß. „Auch wenn die Krankenhäuser dies leisten können, wird es dann nicht ohne Einschränkung des Regelbetriebs ablaufen können“, sagte der Verbandschef. Dann müssten die Mediziner in den Kliniken wieder planbare, weniger dringliche Behandlungen verschieben.

Zum Höhepunkt der Pandemie im Januar 2021 wurden mehr als 5700 Corona-Erkrankte intensivmedizinisch behandelt. Derzeit liegen nach Zahlen aus dem Intensivregister fast 1800 Menschen auf der Intensivstation und knapp 4300 Patienten auf der Normalstation.

Angesichts gestiegener Corona-Inzidenzen gerade auch in jüngeren Altersgruppen setzen Kinderärzte auf zügige Covid-19-Impfungen für unter Zwölfjährige. „Wir hoffen darauf, dass in den nächsten Wochen eine europäische Zulassung des Biontech -Impfstoffs für die Altersgruppe der Fünf- bis Elfjährigen kommt, die dann auch in Deutschland übernommen wird“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Jörg Dötsch, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Nach seinen Worten wären Corona-Impfungen in dieser Altersgruppe damit auch ohne eine ausdrückliche Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) „rechtlich abgesichert“. Die Empfehlung könnte dann nach genauer Prüfung der Daten zu Nebenwirkungen in den Wochen darauf folgen.

Zuletzt war die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche in Deutschland stark gestiegen – auf 118,0 am Mittwochmorgen. 66,4 Prozent der Menschen in Deutschland waren nach Angaben des Robert Koch-Instituts am Mittwoch vollständig geimpft.

Zugleich hatten SPD, Grüne und FDP, die eine gemeinsame Bundesregierung bilden wollen, am Mittwoch erklärt, die gesetzliche Sonderlage wegen der Corona-Pandemie zum 25. November auslaufen zu lassen. Für eine Übergangszeit bis zum 20. März 2022 soll stattdessen aber eine neue rechtliche Basis für Corona-Vorgaben geschaffen werden. Damit sollen die Bundesländer weiterhin „weniger eingriffsintensive“ Maßnahmen anordnen können – unter anderem zu Masken oder Zugangsregeln nur für Geimpfte, Genesene und Getestete.

Der neue Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), sagte am Mittwoch im ZDF-„heute journal“ zu den Plänen der künftigen Koalitionsparteien: „Ich habe die Ankündigung vernommen, dass man diesen Rechtsrahmen schaffen will. Aber da müssen wir jetzt schon genau darauf schauen. Die Details sind da wichtig. Da gibt es an der einen oder anderen Stelle durchaus Zweifel.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte hingegen der „Rheinischen Post“ (Donnerstag): „Das Eckpunktepapier wird der Bekämpfung der Corona-Pandemie gerecht. Es ist ein guter Kompromiss aus weiterhin möglichen Maßnahmen für die Länder und einer Absage an harte Einschnitte wie Lockdowns oder Ausgangssperren.“