Ab Mittwoch: Neue Corona-Regeln in Bayern

München – Bayern reagiert mit harten Gegenmaßnahmen auf die außer Kontrolle geratene Corona-Pandemie: Von kommendem Mittwoch (24. November) an sollen für Ungeimpfte strikte Kontaktbeschränkungen gelten. Alle Clubs, Diskotheken und Bars müssen dann für drei Wochen schließen, Weihnachtsmärkte soll es in diesem Jahr nicht geben.Kultur- und Sportveranstaltungen dürfen nur noch in deutlich kleinerem Rahmen stattfinden: mit einer Auslastung von maximal 25 Prozent an Zuschauern und mit einer Testpflicht auch für Geimpfte. In extremen Hotspots werden zudem weite Teile des öffentlichen Lebens heruntergefahren. Schulen und Kitas sollen aber in ganz Bayern offen bleiben. Das kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Freitag nach Beratungen der CSU-Freie-Wähler-Koalition in München an.

«Wir handeln rasch, konsequent und sofort – und hoffen sehr, dass es wirkt», sagte Söder. Endgültig soll das neue Paket allerdings erst am Dienstag im Kabinett beschlossen und anschließend im Landtag beraten werden – dies sei bei derartigen Einschnitten nötig, sagte Söder. Alle Maßnahmen sollen dann in der Nacht auf Mittwoch in Kraft treten. Garantieren, dass sie schnell Wirkung zeigen, kann aber niemand. «Ich kann es nicht sagen, wie es am Ende alles wirken wird», sagte Söder.

Inzwischen hält Söder auch eine allgemeine Impfpflicht für nötig – darüber müsse man in Frühjahr sprechen. «Ich glaube, dass wir am Ende um eine allgemeine Impfpflicht nicht herumkommen werden», sagte er. «Sonst wir das eine Endlosschleife mit diesem Mist-Corona.»

Die Schritte, auf die sich CSU und Freie Wähler am Freitag verständigten und die ab Mittwoch (24.11.) gelten sollen, im Überblick:

Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte: Es dürfen sich ab Mittwoch nur noch maximal fünf Personen aus zwei Haushalten treffen – lediglich Kinder unter 12 werden dabei ebenso wie Geimpfte nicht mitgezählt.

Clubs und Bars: Alle Clubs, Diskotheken, Bars und Schankwirtschaften müssen für die nächsten drei Wochen schließen, Bordelle ebenso.

Sperrstunde: In der Gastronomie gilt dann eine Sperrstunde ab 22 Uhr.

Weihnachtsmärkte: Einzelne Städte hatten schon die Reißleine gezogen – nun sollen Weihnachtsmärkte bayernweit komplett abgesagt werden.

2G quasi flächendeckend: Auch bei körpernahen Dienstleistungen wie Friseuren soll künftig die 2G-Regel gelten, ebenso bei Hochschulen, in Musik- und Fahrschulen. Eine Ausnahme von 2G bleibt der Handel – aber mit einer Obergrenze: eine Person auf zehn Quadratmeter Fläche.

Kultur- und Sportveranstaltungen: Diese dürfen nur noch in deutlich kleinerem Rahmen stattfinden: mit einer Auslastung von maximal 25 Prozent an Zuschauern. Zudem gilt dort die 2G-plus-Regel – Zugang also auch für Geimpfte und Genesene nur noch mit Test. Dies soll gelten etwa für Theater und Oper, aber auch in Stadien. Auch in Freizeiteinrichtungen und bei Messen wird 2G plus eingeführt.

Extreme Corona-Hotspots: In Landkreisen und kreisfreien Städten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 1000 soll das öffentliche Leben in weiten Bereichen heruntergefahren werden. Gastronomie, Beherbergungsbetriebe aller Art, Sport- und Kulturstätten sowie körpernahe Dienstleistungen (etwa Friseure) müssen schließen, Freizeit-, Sport- und Kulturveranstaltungen aller Art werden untersagt. Hochschulen müssen auf digitale Lehre umstellen. Schulen und Kitas bleiben aber auch dort offen, der Handel ebenso – dort gilt aber dann eine Beschränkung auf eine Person auf 20 Quadratmeter.

Schulen/Kitas: In ganz Bayern bleiben Schulen und Kitas geöffnet, Schulen im normalen Präsenzunterricht. Allerdings muss nun auch im Sportunterricht wieder eine Maske getragen werden. In Kitas soll es nun flächendeckend PCR-Pooltests geben, und auch an Mittelschulen (insbesondere in der 5. und 6. Klasse) sollen sie angeboten werden. Ansonsten bleibt es beim bisherigen System mit den Schnelltests. Neu ist: An Grund- und Förderschulen, an denen es schon PCR-Pooltests gibt, sollen künftig immer montagvormittags zusätzlich Schnelltests hinzukommen, weil die PCR-Testergebnisse immer erst abends vorliegen.

Söder, Kultusminister Michael Piazolo für die Freien Wähler und Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) bezeichneten die Gegenmaßnahmen angesichts der explodierenden Corona-Zahlen als alternativlos. «Die Lage ist leider erdrückend und spitzt sich immer weiter zu», sagte Söder. Holetschek warnte: «Wenn das so weiterläuft, dann ist unser Gesundheitssystem vor dem Kollaps, definitiv.»

Sowohl CSU als auch Freie Wähler betonten, man habe ganz bewusst auf Verhältnismäßigkeit, Differenziertheit und zielgerichtete Wirkung der Maßnahmen geachtet. «Alle Eingriffe, die stattfinden, alle Lenkungen, sind aus unserer Sicht angemessen, verhältnismäßig und letztlich notwendig», sagte Söder. Ein grundsätzlicher Lockdown wie in Österreich wäre dagegen wohl ein Übermaß und nicht verfassungsmäßig. Dafür sei die Situation innerhalb Bayerns auch zu unterschiedlich.

Söder argumentierte, dies sei jetzt der «maximale Weg», den Bayern gehen könne. Einige Maßnahmen – «sozusagen die harte Notbremse» – müssten nach der neuen Rechtslage im Bund auch am 15. Dezember auslaufen. Söder fordert aber schon jetzt, wenn die Corona-Lage bis dahin nicht besser sei, müsse der Bund beim von SPD, Grünen und FDP neu gefassten Infektionsschutzgesetz noch einmal nachjustieren.

Auch beim Impftempo will Bayern zulegen – und dazu alle Impfzentren in Bayern per Anweisung komplett hochfahren lassen. Dass ein Impfzentrum nur zwei Tage in der Woche geöffnet sei, werde es dann nicht mehr geben, sagte Söder. An alle Hausärzte ergehe zudem der Appell, so viel wie möglich zu impfen, sagte der Regierungschef.

Unterstützung für das Corona-Paket kam aus der bayerischen Wirtschaft. Die IHK für München und Oberbayern sprach angesichts der dynamischen vierten Welle von einem «notwendigen Übel». Von der SPD hieß es, die Maßnahmen kämen spät, es gebe dazu keine Alternative. Die Landtags-AfD kündigte an, gegen die Maßnahmen «mit allen rechtlichen Mitteln» vorzugehen – ließ aber völlig offen, ob und wie sie bereit wäre, gegen die explodierenden Corona-Zahlen anzukämpfen.